Stein auf Stein

Von Steinen und Steinkreisen

Über die Seele von Steinen

In seiner größten Form als Berg wird das Heilige der Steine deutlich. Berge sind immer da gewesene Denkmäler: still, von der Natur erschaffen, überdauern sie die Zeiten. Durch ihre Größe und ihr Streben Richtung Himmel schaffen sie eine kraftvolle Verbindung zwischen den Menschen und dem Göttlichen. Ein mühevoller Aufstieg unter Schweiß und Kraftaufwand ermöglicht am Gipfel frei von Denken und Alltag jene erfüllende Begegnung.
Nicht zufällig war auch in der Griechischen Mythologie ein Berg, der Olymp, der Sitz der Götter. Und auch Moses hat nach mühevollen Vorbereitungen den Berg Horeb bestiegen, um göttliche Begegnung zu erfahren.

Nicht nur als Berg sondern auch in nicht minder beeindruckender Form zeugen in freier Natur an kraftvollen Orten immer wieder Steine und Steinformationen von kultischer Verehrung. Es ist belegt, dass Steine bereits bei den Kelten um ca. 5000 v. Chr. in der sogenannten Megalithkulur (Megas=groß, lithos=Stein) rituell verwendet wurden. Wir können allerdings davon ausgehen, dass viele davon noch wesentlich älter, also bis zu 10.000 v. Chr. zurück datiert werden können.

Sie erscheinen einzeln an scheinbar kraftvollen Orten als Menhire, Hinkelsteine, Schalensteine, oder in Gruppen und in verschiedenen Anordnungen: als Steintische (Dolmen), Steinkreise, Steinhügel (Cairns) oder in Form von ganzen Steinfelder.

Sehr bekannt ist der Steinkreis in Stonehenge (Großbritannien), ebenso wie die kilometerlangen Steinreihen in Carnac (Bretagne, Frankreich) oder die Maoi Steinfiguren auf den Osterinseln.

Wenn wir mit offenen Augen durch die Welt gehen, können wir den stummen Zeugen vergangener Kulturen auch vor unserer Haustüre begegnen. Uns so lassen sich Menhire, Dolmen und Steinkreise auch in Österreich, beispielsweise im Waldviertel oder im Norden von Niederösterreich finden.

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Auf den Spuren des Fisches

Wozu dienten Steine, Steinskulpturen und Formationen?

Der Zweck bestimmter Steine kann nur sehr schwer rekonstruiert werden. Anhängig von der Bauart und dem Ort der Formation, können unterschiedliche Zwecke vermutet werden. Man ist bei der Ermittlung des Zweckes oft auf örtliche Überlieferungen angewiesen.

Steine dürften zum einen als geographische Marker gedient haben, um Kultplätze oder Stätten von besonderer geologischer Bedeutung zu markieren, fanden aber auch Verwendung in Opferritualen, in Fruchtbarkeitsriten und in Heilritualen. Manchmal wurden auch Teile von Steinen zermahlen und als Pulver eingenommen. Vielen Steinen wurde auch allein durch deren Berührung eine besonders fruchtbringende oder heilende Wirkung nachgesagt.

So entstanden mancherorts im Alpenraum ein besondere Fruchtbarkeitskulte. Frauen, die sich sehnlichst Kinder wünschten, umkreisten den Fruchtbarkeitsstein (Schweiz: „Kindlisteine“), rutschten über ihn drüber, und konnten so auf Kindersegen hoffen. Ähnlich fruchtbringende Steinkulte finden wir sogar in Frankreich, in Australien und in Nordamerika wieder.

Forscher gehen davon aus, dass sich mit dem Seßhaftwerdung der Menschen die Bedeutung von Steinen änderte. Eine genaue astronomische Ausrichtung vieler Stätten ließe im ersten Augenblick oft darauf schließen, dass die Steine zu kalendarischen Zwecken errichtet wurden. Es ist jedoch anzunehmen, dass sie weniger als Kalender dienten, als viel mehr einer geographischen Ausrichtung: Grabstätten und Steine wurden vorwiegend mit Blick in Richtung Jenseits ausgerichtet. Auch heute haben Steine noch als Grabsteine Bedeutung im Bestattungswesen.

Steinen mit Gesichtern lassen auf alte Ahnenkulten, oder auf die Darstellung besonderer Geistwesen schließen.

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Auf den Spuren des Fisches

Steine und Mythologie

Ob in der Natur, bearbeitet oder als Meteorit: Steine sind in vielen Mythologien bedeutungsvoll und wurden in vielen Kulturen und Tempeln verehrt:

Der Omaphalos beispielsweise ist ein Kultstein aus dem antiken Appolotempel in Delphi, der als Nabel der Welt verehrt wurde. Er soll vom Himmel gefallen sein und eine Achse zwischen Himmel, Erde und der Unterwelt bilden.

In einem Indianischen Schöpfungsmythos der Pima Indianer wird erzählt: Der erste Mensch schuf Himmel und Erde. indem er sich einen Stein aus dem Herzen holte. Er zermahlte den Stein zu Kieselsteinen und warf sie gegen den Himmel, um ihn zu erleuchten.

Im Inkareich soll der Schöpfergott Viracocha beleidigt gewesen sein, weil die Menschen wenig dankbar für ihre Schöpfung waren. Aus Zorn ließ er sie zu Stein erstarren und schuf aus steinernen Statuen neue Menschen.

Der pyramidenförmige Benben Stein von Heliopolis aus dem Alten Ägypten repräsentiert jenen Hügel, an dem Gott Atum zum ersten Mal das Land betreten hat. Seine Form findet sich auf auf den Spitzen der Pyramiden sowie auf den Spitzen von Obelisken wieder.

Auch die Bibel berichtet von bedeutungsvollen Steinen, so soll Jakob einen Stein unter sein Haupt gelegt haben und von der Leiter in den Himmel geträumt haben und eine Botschaft Gottes erhalten, worauf er diesen Stein besonders ehrte. (Moses, 28. 10-19)

Auch in die Brustplatte des Hohepriesters Aaron sind 12 Edelsteine eingearbeitet: Besetze sie mit gefassten Edelsteinen in vier Reihen: die erste Reihe mit Rubin, Topas und Smaragd; die zweite Reihe mit Karfunkel, Saphir und Jaspis; die dritte Reihe mit Achat, Hyazinth und Amethyst; die vierte Reihe mit Chrysolith, Karneol und Onyx; sie sollen in Gold gefasst und eingesetzt sein. Die Steine sollen auf die Namen der Söhne Israels lauten, zwölf Steine auf ihre Namen – in Siegelgravierung. Jeder laute auf einen Namen der zwölf Stämme. (Ex, 28,17-21)

Was ist übrig von der Steinernen Verehrung?

Viele Religionen haben heidnische Steinverehrung übernommen und in die eigene Kulte integriert. So wurden an Kultplätzen Kirchen gebaut.

Maria Rast im Mühlviertel ist ein Beispiel von Vielen. Die Kapelle wurde um einen Stein gebaut, der drei schalenförmige Vertiefungen hat. Es wird erzählt dass auf diesem Stein die Heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten gesessen haben soll.

Auch die Steine der Kaaba in Mekka erfuhren schon in vorislamischen Zeiten Verehrung.

Viel profaner begegnen wir heute noch einem Steinkult in den Bergen. Sogenannte Steinmännchen weisen den Weg oder warnen uns vor besonders unwegsamen Gelände.

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Auf den Spuren des Fisches